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Vier Leitthemen im Mittelpunkt

BAU 2023 München

Herausforderung Klimawandel | Bezahlbares Wohnen | Ressourcen und Recycling | Digitale Transformation

Auf der BAU 2023 in München (17. bis 22. April 2023) werden sich Themen, die aktuell die Branche beschäftigen und bewegen, wie ein roter Faden durch die Ausstellung und das Rahmenprogramm ziehen. Eine besondere Herausforderung für die Baubranche stellt der Klimawandel dar. Zur Eindämmung trägt unter anderem Energieeffizientes Bauen einen wichtigen Teil bei. Aktuelle Einflüsse wie steigende Energiekosten und mobiles Arbeiten wirken sich auf die Zukunft des Wohnens aus. Auf der BAU zeigen Unternehmen Lösungsansätze.

Umwelt- und klimagerechtes Bauen

Trockenheit und Rekordtemperaturen prägten den Sommer 2022, Hitze und Unwetter machten den Menschen zu schaffen. Der Klimawandel bleibt und er berührt alle Wirtschaftsbereiche, allen voran und gleich in zweifacher Hinsicht die Bauwirtschaft. Einerseits muss sie Lösungen finden, um Städte und Gebäude resilienter zu machen. Andererseits ist sie gefordert bei der Energiewende, die bis 2045 Klimaneutralität herstellen soll. Die BAU 2023 zeigt in allen Ausstellungsbereichen Lösungen für das umwelt- und klimagerechte Bauen. Entsprechende Vorträge im Forum runden das Angebot ab.

Ob die bis Mitte des Jahrhunderts angestrebte Energiewende gelingt, hängt nicht so sehr vom Verkehr, sondern vom Bauen ab. Denn Gebäude verbrauchen Unmengen Energie und belasten die Umwelt. Mehr als ein Drittel der EU-weiten Treibhausgase entstehen durch den Bau und den Betrieb von Gebäuden. Auch die Herstellung der Baustoffe selbst, sei es Beton oder Stahl, verursacht jede Menge CO2.

Die EU-Gebäudeeffizienz-Richtlinie, auf der das deutsche Gebäudeenergiegesetz (gültig seit 1. November 2020) beruht, schreibt deshalb bestimmte Mindeststandards beim Energieverbrauch und CO2-Ausstoß vor. Die gelten ab sofort für Neubauten, für den Bestand zunächst mit Einschränkungen. Bis 2030 modernisiert werden müssen nur diejenigen Wohngebäude mit den schlechtesten Energieeffizienzklassen. Sie müssen in die nächst höhere Klasse aufrücken. Davon betroffen sind laut Kommission 15 Prozent der Wohngebäude in Europa.

20 Millionen Wohneinheiten müssen saniert werden

Laut statistischem Bundesamt entstand rund 40 Prozent des Gebäudebestands in Deutschland vor 1979, noch ehe es erste gesetzliche Maßnahmen zur Energieeinsparung bei Gebäuden gab. Insgesamt sind es rund neun Millionen Wohngebäude mit etwa 20 Millionen Wohneinheiten, die bis 2045 saniert werden müssten, sollen die Klimaziele erreicht werden. Über den Zustand dieser Wohnungen ist mangels belastbarer Daten oft wenig bekannt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schätzt, das 65 Prozent der Fassaden in Deutschland ungedämmt sind und 70 Prozent der Anlagentechnik nicht dem Stand der Technik entspricht. Das Problem: Die Sanierungsquote liegt konstant bei einem Prozent pro Jahr, das entspricht etwa 200.000 Wohnungen. Eine Million pro Jahr müssten es sein, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Gleichzeitig sollen die sanierten Wohnungen aber bezahlbar bleiben, denn Wohnraum ist knapp und teuer.

Vier Handlungsfelder für die energetische Sanierung

Was also tun? Abriss und Neubau ist keine Option, zumindest nicht unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Dennoch verhindern oft Bauordnungen, die am Neubau orientiert sind, (Brandschutz, Schallschutz, barrierefreier Zugang) oder wirtschaftliche Aspekte (hohe Kosten) eine nachhaltige Sanierung. Für deren erfolgreiche Umsetzung sind laut Deutscher Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) vier Handlungsfelder entscheidend: Die Optimierung der Gebäudehülle, des Nutzerstroms, der Versorgungsysteme (Anlagentechnik) sowie der Energieerzeugung am Standort. Auch die Zulassung neuer alternativer Baustoffe, wie etwa Carbonbeton, könne Anreize für die Sanierung schaffen.

Die Bundesarchitektenkammer (BAK), die DGNB und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kommen in einem gemeinsamen Positionspapier zu dem Schluss, dass für eine „klimaneutrale Sanierung“ des Gebäudebestands zwischen 150 und 250 Milliarden Euro pro Jahr an Investitionen notwendig wären. Zum Vergleich: Im Zeitraum von 2010 bis 2018 wurden in Deutschland 341 Milliarden Euro in die energetische Sanierung des Wohnungsbaus investiert. Mit Fördermitteln auf bisherigem Niveau ist der angestrebte Sanierungsumfang also nicht zu erreichen.

Robust bauen

Der Klimawandel verlangt aber nicht nur Lösungen bezüglich Energie und Umwelt, er stellt auch die Widerstandsfähigkeit von Städten und Gebäude auf die Probe. Starkregen, der ganze Häuser wegspült, Schneefälle, unter deren Last Dächer einstürzen und Hagelkörner, die Fenster, Fassaden und Dachziegel zerstören: solche Extremwetterlagen würden künftig regelmäßig wiederkehren, warnen Klimaforscher. Robust bauen lautet in diesem Zusammenhang ein häufig genutztes Schlagwort. Gebäude sollten so gebaut werden, dass sie auch Extremwetterlagen standhalten oder zumindest die Schäden minimieren. Der Gebäudehülle kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Massive Bauteile können Wärme speichern und vor Unwettern schützen. Der Fokus liegt mehr auf Nachhaltigkeit als auf Klimatisierung durch technische Anlagen.

Schwammstadt-Konzept

Ein anderes Konzept macht sich Starkregenereignisse zunutze, um das Klima in flächenversiegelten Großstädten zu verbessern. Begrünte Dächer und Fassaden sind das Kennzeichen solcher „Schwammstädte“, die das Wasser speichern und es durch Verdunstung wieder an ihre Umgebung abgeben. Dies wirkt Hitzeinseln entgegen, die vor allem in verdichteten Großstädten durch Glas-, Stahl- oder Betonfassaden entstehen. Viele kleine Speicherräume im städtischen Raum, erkennbar an den begrünten Flächen, halten das Regenwasser zurück, das sonst in die Kanalisation abfließen oder bei Extremwetterlagen zu Überschwemmungen führen würde. Die Grundidee ist, das Regenwasser dort zwischenzuspeichern, wo es fällt. Es kann verdunsten, versickern und so den Abfluss entlasten. Das Schwammstadt-Konzept ging von China aus, Beispiele findet man aber auch in Deutschland, etwa in Hamburg, Berlin oder Freiburg.

Die BAU 2023 in München öffnet vom 17. bis 22. April 2023 wieder ihre Pforten.
Foto: Pia Wimmer

Strategien und Technologien für moderne und bezahlbare Wohnkonzepte

Die Mietpreise steigen kontinuierlich und Wohnraum ist vor allem in den Ballungsräumen knapp. Materialmangel, Lieferprobleme und explodierende Energiepreise verstärken die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. Die BAU 2023 nimmt sich des Themas an. Aussteller zeigen, wie durch technologische Lösungen günstiger und schneller gebaut werden kann. Und im Vortragsprogramm stellen Vertreter von Architektur und Wohnungswirtschaft Strategien für moderne und bezahlbare Wohnkonzepte vor.

Die Baubranche boomt. Aktuell zehren Bauunternehmen noch von vollen Auftragsbüchern. Doch der Schein trügt. Denn die Preise für Energie und Zinsen steigen, ebenso die Inflation. Auch die Herstellung von Baustoffen und Baumaterialien ist laut Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) so teuer wie nie. Das alles verunsichert Investoren und Bauherren und führt dazu, dass Investitionen zurückgestellt und Baustellen eingestellt werden (müssen).

Die Folgen dieser Entwicklung sind jetzt schon sichtbar: Die Zahl der erteilten Baugenehmigungen für Wohnungen ist in den ersten sieben Monaten des Jahres um 2,1 Prozent, für Einfamilienhäuser sogar um 16,1 Prozent zurück gegangen. Laut Mieterbund fehlen aktuell 1,5 Millionen Wohnungen, vor allem in den Ballungszentren. Der ZDB mahnt deshalb die Harmonisierung des Baurechts, die Vereinfachung der Bauverordnungen und die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren an.

Das Ziel: 400.000 Wohnungen pro Jahr

Die Bundesregierung versucht gegenzusteuern. Sie braucht die Bau- und Wohnungswirtschaft, nicht nur um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern, sondern auch um die bis 2045 angestrebte Klimaneutralität zu erreichen. Denn der energieintensive Bausektor gehört zu den größten CO2 Emittenten. Es geht also darum, möglichst schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und dabei Umwelt, Klima und Ressourcen zu schonen.

400.000 Wohnungen pro Jahr sollen künftig gebaut werden, davon 100.000 geförderte Sozialwohnungen. „Eine große gesellschaftliche Aufgabe“, nennt Bundeskanzler Olaf Scholz dieses von der Bundesregierung ausgegebene Ziel. Wie es erreicht werden kann – was 2022 faktisch schon nicht mehr möglich ist – darüber hat sich das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ Gedanken gemacht, ein Zusammenschluss von 35 Institutionen aus allen gesellschaftlichen Bereichen.

187 Maßnahmen für besseres Planen und Bauen

Im Oktober 2022 wurden in einem 65-seitigen Dokument 187 Maßnahmen vorgestellt. Eine davon ist die massive Förderung des sozialen Wohnungsbaus. 14,5 Milliarden Euro stellt der Bund bis 2026 dafür zur Verfügung. Im Bereich Klima setzt das Bündnis auf Bau- und Dämmstoffe sowie Gebäude- und Heiztechnik mit geringem CO2- Fußabdruck. Auch die Wiederverwertung von Baustoffen und -Materialien (Circular Economy) soll vorangebracht werden. Beim Baurecht haben die 16 Bundesländer zugestimmt, die Landesbauordnungen nach dem Vorbild der Musterbauordnung des Bundes möglichst zu harmonisieren. Öffentliche Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden. Ganz wichtig: die Digitalisierung. Sie ist die Voraussetzung für schnelleres und effizienteres Planen und Bauen. Auch das serielle Bauen mit industrieller Vorfertigung hängt davon ab. Das Bündnis will ermöglichen, dass Bauantrage künftig bundesweit digital eingereicht werden können.

Gesellschaftliche Entwicklungen erfordern neue Wohnkonzepte

Bezahlbaren, möglichst auch noch klimagerechten Wohnraum zu schaffen, ist das eine. Zu berücksichtigen sind aber auch gesellschaftliche Entwicklungen, die neue Wohnkonzepte erfordern: Der Trend zum Home-Office und zu flexiblen Arbeitsmodellen bedingt vielseitig nutzbare Räumlichkeiten, der demographische Wandel verlangt altersgerechte und generationenübergreifende Lösungen. Eine davon sind partizipative Wohnmodelle, die Alt und Jung zusammenführen und Menschen aus der Anonymität der Großstadt herausholen. Die junge Generation, um die Jahrtausendwende geboren, ist besonders gesundheits- und umweltbewusst und will auch so leben und arbeiten: smart, gerne auf dem Land, möglichst flexibel und in Teilzeit.

Städten und Gemeinden, der Wohnungs- und der Bauwirtschaft erwachsen daraus herausfordernde Aufgaben. Denn Bauland ist rar, teuer und oft nicht im kommunalen Besitz. Kommunale und regionale Bodenfonds sollen dem entgegenwirken und Boden „bevorraten“, so die Pläne des Bündnisses. Eine schnellere Lösung verspricht die Umnutzung von Bestandsimmobilien. Aus Bürogebäuden, Fabriken oder Lagerhallen kann neuer Wohnraum entstehen, sofern das technisch und baurechtlich umsetzbar ist. Der Trend zum Homeoffice hat viele Büroflächen überflüssig gemacht. Studien der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. und des Eduard Pestel Instituts haben ergeben, dass alleine durch die Umnutzung von Büroflächen etwa 235.000 neue Wohnungen im innerstädtischen Bereich entstehen könnten.

Unkonventionelle Ideen sind gefragt

Neben der Umnutzung sind unkonventionelle Ideen und flexible Konzepte gefragt, beispielsweise Wohnungen über Supermärkten oder auf Parkplätzen. Ein probates Mittel, Wohnraum zu schaffen, ist auch die Nachverdichtung, also die Schließung von Baulücken oder die Aufstockung bestehender Gebäude. „Dachflächen sind Bauflächen“, sagt Bundesbauministerin Klara Geywitz.

Wie die Zukunft des Wohnens aussieht, welche Konzepte Planer und Architekten verfolgen und welche Lösungen es bei Materialien und Technologien gibt, das zeigt die BAU 2023 quer durch alle Ausstellungsbereiche sowie in den Vorträgen des Rahmenprogramms.